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Varvara, 14 Jahre (bitte auch hier sehen)
»Ich habe keine Geschwister und meine Eltern haben sich getrennt, aber sie leben beide in Kyiv. Ich habe viele Verwandte, Cousins, Onkel und Tanten in der Donezkregion und anfangs waren sie auch in Kyiv, aber dann sind sie wegen Arbeit und Schule wieder zurückgegangen.
Am 17. Mai 2014 bin ich aus Luhansk, meiner Geburtsstadt, nach Kyiv gekommen.
Als der Krieg anfing, ist meine Mutter für eine Arbeit nach Polen gegangen und ich war in dieser Zeit bei einer Kollegin von ihr in Kyiv untergebracht. Als meine Mutter aus Polen zurückkam, ging der Krieg im Osten richtig los und wir sind in Kyiv geblieben. Da ich zuerst dachte, dass ich nur für ein paar Wochen in Kyiv bleiben würde, habe ich aus Luhansk nur eine Tasche mit T-Shirts, einigen Hosen und zwei Paar Schuhen mitgenommen. Später hat man mir noch Sachen nachgeschickt und wir haben auch humanitäre Hilfe erhalten.
Als ich noch in der Donezkregion lebte, habe ich nur den Anfang vom Krieg mitbekommen, zum Beispiel wie die Behörde des Geheimdienstes besetzt wurde. Und ich habe auch mehrere Leute mit Gewehren gesehen, die in Autos rumfuhren. Früher bin ich immer gerne auf dem Fensterplatz in einer Marschrutka (Sammeltaxi) mitgefahren, aber seit Kriegsbeginn hat mich meine Mutter gebeten, nicht mehr direkt am Fenster zu sitzen.
In Kyiv besuche ich eine Oberschule mit dem Schwerpunkt Physik und Mathematik. Ich war dieses Jahr nicht so gut in der Schule, aber im nächsten Jahr werde ich mich mehr anstrengen. Als ich in Kyiv mit der Schule begann, war ich nicht motiviert und hatte dadurch ein schlechtes Verhältnis zu meinen Lehrern. Ich habe hier drei sehr gute Freundinnen, sie wissen viel über mich und mein altes Leben, da ich ihnen so viel von mir erzählt habe.
Zu meinen Freunden von früher aus der Donezkregion habe ich kaum Kontakte, da viele anfingen, über Politik zu schreiben und das gefiel mir nicht. Meine Mutter hat mir auch geraten, in sozialen Netzwerken vorsichtig mit politischen Äußerungen zu sein. Wenn es also um Politik geht, dann vermeide ich die Unterhaltungen.
Neben der Schule besuche ich auch eine Theatergruppe und noch eine andere Gruppe, wo ich singe. Ich freue mich über Kleider und Torten.
Früher hatte ich Angst vor Hunden, aber diese Angst habe ich inzwischen bekämpft und jetzt ist meine größte Angst, nahe Verwandte zu verlieren. Mir fehlt mein altes Zimmer in Snezhnoe und mein Meerschweinchen, das ich als Geschenk einem Freund dort überlassen habe. Früher hatte ich auch viele schöne Bücher und Spielsachen. Am Anfang des Krieges habe ich oft davon geträumt, dass jemand meiner Bekannten entführt wird und ihm etwas passiert, aber jetzt ist es o.k..
Mein Wunsch ist es, meine Verwandten wiederzusehen, die nicht nach Kyiv kommen möchten. Sie wollen nicht hierher kommen, weil sie sagen, dass sie dort geboren sind und sich an diesen Ort gewöhnt haben und er ihnen deswegen lieber ist als Kyiv. Ich bin noch unsicher, was ich zukünftig machen werde. Zuerst hoffe ich, dass ich die Schule schaffe und vielleicht werde ich Übersetzerin, Psychologin oder Psychotherapeutin. Oder vielleicht auch Sängerin oder Schauspielerin.
Ich möchte noch sagen, dass ich ein Projekt für Flüchtlingskinder gegründet habe, das nennt sich Alle Kinder haben ein freundliches Herz. Ich mache das, weil vielen Flüchtlingskindern Sachen fehlen, z.B. Kleider, Bücher, Stifte oder Schulhefte. Meine Freundin hilft mir dabei. In sozialen Netzwerken informiere ich über mein Projekt, ich spreche mit Freunden und meine Mutter, die bei Vostok-SOS arbeitet, unterstützt mich auch bei meinem Projekt. Wenn jemand etwas spenden möchte oder abzugeben hat, dann kann er es zum Büro von Vostok-SOS bringen. Bislang gibt es noch nicht so viele Leute, die etwas bringen. Manchmal kommen auch Kinderflüchtlinge mit ihren Eltern vorbei und dann spreche ich mit ihnen.«

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