english deutsch KILIAN FOERSTER
Andrea: Nein, Rom ist nicht die heimliche Hauptstadt der Homosexuellen. Schwule gibt es überall.
Rom ist in dieser Hinsicht – aus kulturellen und historischen Gründen und weil die katholische Kirche hier ihren Hauptsitz hat – sehr zurückgeblieben. Auch die Mentalität ist zurückgeblieben.
Rom ist – was die Schwulen betrifft – nicht Avantgarde. In Europa befinden sich die fortschrittlichen, schwulen Städte in Nordeuropa, z.B. London, Kopenhagen, Stockholm, Amsterdam und jetzt auch Spanien. In den letzten 20 Jahren hat Spanien große Fortschritte gemacht, Italien bleibt jedoch immer noch ein bisschen zurück. Es gibt hier keine organisierte, sichtbare Schwulengemeinschaft.
Rom hängt sehr an seiner Vergangenheit, poetisch, historisch und symbolisch. Rom ist mit einer symbolischen Darstellung der Homosexualität verbunden: Es gab hier viele schwule Künstler, Bildhauer oder Maler.
Daneben kommen auch viele schwule Touristen nach Rom, weil diese Stadt eine große Anziehungskraft ausübt. Es gibt hier einen sehr alten, schwulen Tourismus seit dem 18. Jahrhundert. Damals verbrachten die Söhne der Aristokratie aus Nordeuropa ihren Urlaub in Italien und Teile dieser jungen Männer waren schwul.
Diese Anziehungskraft hat Rom bis heute nicht verloren, aber Rom ist keine Avantgarde für Schwule.
Andrea: Das ist eine schwierige Frage und ich habe es nie wirklich verstanden, warum ich mich in jemand verliebe. Zuerst muss es eine körperliche Anziehungskraft geben, eine bestimmte Chemie, aber d.h. dann nicht, dass ich schon verliebt bin. Das ist erst ein nächster Schritt und der passiert nicht so oft.
Sehr oft kommen Liebeleien zustande, die auch sehr intensiv sein können, aber die manchmal nur einen Tag dauern. Das ist auch eine Liebe, aber diese Liebe verbraucht sich schnell oder verlöscht.
Die große Liebe triffst du nicht so oft im Leben.
Die schwule Liebe war dadurch gekennzeichnet, dass diese Liebe von der Gesellschaft nicht anerkannt wurde. Die schwule Liebe war eine heimliche Liebe. In vielen Ländern Europas ist dieses Problem überwunden oder ändert sich langsam z.B. dank der Legalisierung der Schwulenehe.
Italien bleibt aber in dieser Hinsicht zurück. Die schwule Liebe ist hier immer noch ein bisschen heimlich und das unterscheidet sie von der Liebe der Heterosexuellen.
Andrea: Zuerst einmal bin ich nicht gläubig, sondern Atheist und wenn ich den Papst treffen würde, dann wäre er für mich lediglich der Staatsvertreter des Vatikans.<< >>
Für mich ist er ein sehr mächtiger, politischer Vertreter und ich denke, dass er klug und respektabel ist. Er bleibt jedoch der Papst der katholischen Kirche und ich erwarte keine große Offenheit und dass er wirklich konsequent ist. Zum Beispiel hat Frankreich den schwulen Botschafter Laurent Stefanini in den Vatikan geschickt und der Vatikan lehnte ihn ab, aber natürlich sagt der Vatikan nicht offen, dass sie ihn ablehnen, weil er schwul ist.
Auf der einen Seite sagte der Papst, wer bin ich, dass ich die Schwulen beurteilen kann, er sei dazu nicht fähig und das hat bei vielen Menschen Hoffnungen geweckt. Aber in der Wirklichkeit gibt es keine konkreten Schritte der Kirche gegenüber den Schwulen.