tanja sozialklinik thessaloniki griechenland
Tanja, Sozialklinik, Thessaloniki

»Ich habe die Situation im Gesundheitsbereich gesehen, und dass Menschen davon ausgeschlossen sind, deshalb musste ich etwas tun.
Ich bin dann hierher gekommen und habe gefragt, was ich machen kann.
Ich mache meine Arbeit hier gerne, aber es wäre mir lieber, wenn so etwas nicht notwendig wäre. Ich wäre zufrieden, wenn es ein gutes Gesundheitssystem gibt, aber solange das nicht der Fall ist, werde ich weiter helfen.«
— Tanja (Rentnerin, arbeitet an der Rezeption und in der Apotheke der Sozialklinik)

Die von der TROIKA verordneten und von der griechischen Regierung umgesetzten Sparbeschlüsse haben das Sozialsystem in Griechenland zum Kollabieren gebracht, zudem wurden Prophylaxe und Präventionsmaßnahmen gestrichen. Jedes Jahr gab es im Laufe der Krise neue Kürzungen im Sozialbereich und ebenso auch im Schul- und Bildungsbereich.
Im November 2011 wurde in Thessaloniki die Sozialklinik eröffnet, zurzeit gibt es 30 Sozialkliniken in Griechenland.
Eigentlich war die Sozialklinik zuerst für Menschen ohne Versicherung, z.B. Immigranten gedacht und anfangs machten Immigranten 60-70 Prozent der Patienten aus. Inzwischen sind aber 70 Prozent der Patienten, die in die Sozialklinik kommen, Griechen ohne Versicherungsschutz. Schätzungsweise haben momentan 2 bis 2,5 Millionen Griechen keinen Versicherungsschutz.
Alle Mitarbeiter der Sozialklinik arbeiten ohne Bezahlung, insgesamt ca. 100 Ärzte aus den Fachgebieten Zahnheilkunde, Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Kinderheilkunde versorgen die Patienten. Täglich werden ungefähr 30 Patienten medizinisch behandelt und 50 Patienten zahnmedizinisch versorgt.
Teure medikamentöse Behandlungen, z.B. bei Krebs können nicht geleistet werden. Die Sozialklinik kann nur das ausgegeben, was sie über Spenden erhält. Zusätzlich werden Konzerte oder Veranstaltungen organisiert und von dem Gewinn werden dann u.a. Kinderimpfungen bezahlt. Bestimmte Medikamente erhält die Sozialklinik auch zum Einkaufspreis von Apotheken.
Neben der medizinischen Behandlung wird versucht, den Patienten ein politisches Bewusstsein zu vermitteln. Die Patienten sollen verstehen, dass sie ein Recht auf Gesundheit haben und dieses auch einfordern. Man appelliert auch an staatliche Krankenhäuser und das Gesundheitsministerium, dass etwas getan werden muss.
So wurde vor einem Monat ein neues Gesetz erlassen, das es unversicherten Personen ermöglicht, wieder in ein Krankenhaus zu gehen, wenn sie vorher sozialversichert waren. Wenn das Gesetz erfolgreich angewendet wird, kann sich die Sozialklinik wieder stärker auf die illegalen Immigranten konzentrieren.
Den Mitarbeitern der Sozialklinik ist das Risiko sehr bewusst, ausgenutzt zu werden, da sie kostenlos die Arbeit machen, für die eigentlich ein funktionierendes Gesundheitssystem stehen sollte. Einerseits wollen sie auf keinen Fall an die Stelle des Staates treten und das Gesundheitssystem ersetzen, anderseits können sie nicht nur rumsitzen und die bedürftigen Menschen alleine lassen. Geldspenden von staatlicher Seite, die ihr angeboten wurde, lehnt die Sozialklinik aus diesem Grunde ab, da der Staat für diese Zustände verantwortlich ist. Ebenso werden Spenden von Pharmafirmen, Parteien und der Kirche nicht angenommen.
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