Tatjana portrait promir centre center ukraine


Tatjana, Psychologin bei Promir


»Menschen, die nur an Gott glauben, werden kaum in unser psychologisches Zentrum kommen.
Es gab jedoch Fälle, wo wirklich Gläubige uns aufgesucht haben und sagten, dass im Allgemeinen die Kirche für sie zuständig sei und sie versuchten bei uns, für sich selbst eine persönliche Hilfe zu bekommen. Es war ihre eigene Entscheidung, dass sie zu uns gekommen sind.
Wir haben in Slowjansk auch interessante Erfahrung mit einer großen Gruppe von Emmanuel gemacht. Wir haben ihnen Unterricht gegeben und sie vorbereitet, damit sie mit kriegstraumatisierten Kindern in Sommercamps arbeiten können. Wir haben ihnen viele praktische und spezielle Werkzeuge mitgegeben, wie sie mit diesen am besten arbeiten können. Über diese Kooperation haben wir uns gefreut und ein positives Feedback bekommen.
Die Hauptquelle für die Hilfe eines Kindes sind für mich immer die Eltern oder ein ganz naher Verwandter. Wenn die Beziehung diesen Personen stabil ist, dann ist es für das Kind viel leichter, eine Rehabilitation zu machen. Wenn ein Erwachsener zu uns kommt und uns sagt, mein Kind hat dieses oder jenes Problem, bitte helfen sie ihm und wir sehen, dass der Erwachsene auch Hilfe braucht, dann bieten wir sie ihm auch an. Ein Psychologe kümmert sich dann um den Erwachsenen oder die Eltern und ein anderer um das Kind.
Wenn wir mit einem Kind zusammenarbeiten, das ein sehr nahes Familienmitglied verloren hat, aber immer noch einen nahen Verwandten hat, dann erinnern wir das Kind daran, dass auch der nahe Verwandte jemand verloren hat und nicht nur das Kind selbst. Für diese nahen Verwandten ist solch eine Situation sehr schwierig, einerseits mit dem Verlust umzugehen und gleichzeitig sich noch um das Kind zu kümmern.
Wir versuchen in solchen Fällen mit der ganzen Familie zu arbeiten und sehen die Erwachsenen als unabhängige Personen, damit sie reagieren können. Wir geben ihnen Möglichkeiten, damit sie trauern können, und erklären ihnen die verschiedenen Trauerstadien. Wir lehren sie, dass niemand anders außer ihnen selbst durch diese Trauerstadien gehen kann.
Das ist schrecklich und schmerzhaft, aber man muss diesen Schmerz auch wieder verlassen können. Ebenso wie Kinder versuchen auch Erwachsen sich zuerst als typische Schockreaktion von dem, was geschehen ist, zu distanzieren. Es ist eine Art psychologische Verteidigungshaltung. Einerseits ist es gut, dass es so etwas gibt, andererseits wird man langfristig damit nicht klarkommen. Viele Menschen leben jahrelang in einem Zustand, dass sie sich mit solchen Ereignissen nicht auseinandersetzen wollen, aber diese Ereignisse bleiben in der Erinnerung der Menschen und kapseln sich ein.
Das Ereignis liegt dann tief in der Psyche der Menschen und es braucht viel Energie, sich dem Ereignis anzunähern. Diese Menschen bringen zugleich viel Kraft und Energie auf, damit sie das Ereignis von sich fernzuhalten und es nicht wieder aufbricht. Und weil diese Menschen so viel Energie aufbringen, das Ereignis von sich zu schieben, fehlt ihnen im Alltag Energie und sie fühlen sich gestresst, schlapp und depressiv. Solche Menschen verstehen nicht, warum sie nichts glücklich macht.
Deswegen ist es so wichtig, dass wird den Menschen erklären, wie die Prozesse ablaufen. Menschen, die ein Kind oder einen nahen Angehörigen verloren haben, sind sehr dankbar für unsere Erklärungen, da sie ansonsten mit so vielen Vorurteilen und Voreingenommenheit in der Gesellschaft konfrontiert sind. Die Voreingenommenheit der Gesellschaft rührt aus Vorstellungen, wie man sich zu verhalten hat, wenn man jemand verliert und das ist wirklich nicht sehr hilfreich.
Zum Beispiel machen wir solche Erfahrungen mit Menschen, die zum Priester gehen und wenn er ihnen sagt, sie sollen nicht weinen, weil das schlecht für denjenigen ist, der gegangen ist.
Wir sagen den Menschen einfach, wenn du Schmerzen hast und weinen möchtest, dann weine einfach. Wenn jemand sich schlecht fühlt, dann ist das in Ordnung und man sollte es zulassen.«
<<    >>


start