english deutsch KILIAN FOERSTER
»Ich bin mit meinen Bruder Illya und meinen Eltern seit dem 01. November 2014 in Kyiv und vorher lebten wir in Makijiwka. Wir sind am 02. August 2014 zuerst mit dem Bus nach Mariupol gefahren und von dort am 07. August weiter nach Kachowka und dann Ende Oktober schließlich nach Kyiv.
Ich weiß noch, wie wir an Illyas Geburtstag in der Datscha meiner Großmutter waren und plötzlich fiel etwas herunter und unsere Datscha wackelte. Wir waren sofort hellwach, alles bewegte sich und wir sind dann in den Keller gegangen. Ungefähr 15 Minuten blieben wir dort und als die Bombardements aufhörten, konnten wir natürlich nicht mehr schlafen. Abends kam noch unsere Mutter zu uns und am nächsten Tag sind wir in unser Haus zurückgegangen und haben unsere Sachen gepackt.
Meine Mutter überlegte, wohin wir gehen können. Wir sind zuerst in ein Café gegangen und auf der Straße haben wir Panzer gesehen, die an uns vorbeifuhren und mit ihren Ketten den Asphalt der Straße zerstörten.
Wir sind dann zunächst nach Mariupol und bei einem Kollegen meiner Mutter in einer zwei Zimmer Wohnung untergekommen. Erst war es ruhig in Mariupol und wir haben auch eine eigene Wohnung gefunden und ich bin dort zur Schule gegangen. Am 05. September 2014 fingen dort aber auch die Bombardements an, als ich gerade in der Schule war. Ich habe meine Mutter angerufen und sie sagte: ›Ich habe gerade einen Anruf bekommen und packe unsere Sachen, ich hole dich von der Schule ab und wir gehen weg.‹
Als meine Mutter mit uns während der Bombardements nach Hause lief, sagte sie uns, dass wir uns auf den Boden legen sollten, wenn irgendetwas passiert. Wir sind dann mit dem Auto nach Kachowka gefahren, wo es ruhig war. Bis Oktober sind wir dort geblieben, aber meine Mutter gefiel es dort nicht, weil die Stadt zu klein war und dann sind wir schließlich mit dem Zug nach Kyiv gekommen.
Seit dem 01. November 2014 haben wir eine Wohnung in Kyiv und am 05. November hat dann wieder die Schule angefangen.
Ich bin eher schüchtern, deswegen war es für mich auch nicht leicht, in die neue Klasse zu gehen. Ich habe immer vor der Klassenzimmertür gewartet, wenn der Lehrer noch nicht da war. Einmal kam ein Mädchen auf mich zu und fragte mich, wer ich bin und jemand anderes zeigte dann noch auf mich und ich war etwas verängstigt. Zurzeit besuche ich die sechste Klasse. Ich hatte erst viele Freundinnen, aber sie haben mein Vertrauen missbraucht und deshalb habe ich keinen Kontakt mehr zu ihnen. Es gibt nur eine Freundin, der ich wirklich vertraue.
Manchmal spreche ich in sozialen Netzwerke auch mit meinen alten Freunden und sie sagen, dass jetzt alles in Ordnung ist und ich wieder zurückkommen kann, aber meine Mutter meint, dass es noch zu früh ist. Als die Bombardements anfingen, mussten meine alten Freunde nicht in die Schule gehen, sondern haben Unterricht über das Internet zu Hause bekommen.
Ich habe früher gerne Basketball gespielt, aber hier habe ich keine Möglichkeit mehr für Basketball.
Meine Großmutter, die mich immer glücklich gemacht hat, ist nach Russland gegangen, weil dort ein Cousin ihre Hilfe benötigt.
Ich habe aus Makijiwka keine Spielsachen mitgenommen, aber meine zweite Großmutter hat mir später meine Puppe mitgebracht. Ich würde gerne zurückgehen und meinen alten Basketball noch holen, den ich so liebe und vermisse. Wir haben früher immer Basketball gespielt.
Ich weiß noch nicht, was ich später einmal machen werde. Ich habe viele Interessen, vielleicht werde ich Radio-DJ.«