Sommercamp


Das Ende des Sommercamps feiern die Kinder mit einem selbst erstellten Bühnenprogramm und einer Party.


Iryna, Lehrerin, Psychologin, Leiterin eines Sommercamps für Kinder in der Ostukraine, die vom Krieg betroffen sind:

»Im Sommercamp versuchen wir, alle Kinder glücklich zu machen. Das gilt für jeden Bereich des Camps, zum Beispiel die Küche, die Schlafräume, die Baderäume und Toiletten sind immer auf die Bedürfnisse der Kinder ausgerichtet. Das pädagogische Team arbeitet jeden Tag daran, dass die Kinder ihren eigenen Wert erkennen, glücklich sind und sich im Camp weiter entwickeln können.
Hauptziel des Camps ist es, die Entwicklung, Genesung und Gesundheit der Kinder zu verbessern. Da das Camp in einem Kiefernwald liegt, haben die Kinder hier gute Luft und das Camp bietet ihnen vielfältige Möglichkeiten, ihre Freizeit zu gestalten.
Zusätzlich bekommen die Kinder im Camp auch psychologische Hilfe und Unterstützung von auswärtigen Experten und Sozialarbeitern, zum Beispiel von People in Need oder SOS-Kinderdorf. Jedes Kind im Camp hat seine eigene Geschichte, manche Kinder kommen direkt aus dem Kampfgebiet und andere sind indirekt betroffen, wenn ihre Verwandten oder Freunde im Kriegsgebiet leben.
Wir versuchen im Camp nicht über die Dinge zu sprechen, die den Kindern widerfahren sind, da es einfach zu viel Leid und Schmerz gibt. Die Kinder sollen im Camp Liebe, Zuneigung und Frieden finden. Für betroffene Kinder ist es wichtig, dass sie ein Zuhause und Unterstützung finden. Sie sollen das Gefühl haben, dass sie gebraucht und gemocht werden. Und dass andere Menschen sich um sie kümmern. Und sie sollen merken, dass wir alle zusammengehören.
Im Verhalten der Kinder sieht man deutlich die Kriegsfolgen, zum Beispiel verstummen manche Kinder, da sie nicht über das sprechen möchten, was mit ihnen passiert ist und nicht verstehen, was Erwachsene ihnen angetan haben. Viele betroffene Kinder finden kein inneres Gleichgewicht und keine Ruhe mehr in ihrem Leben. Sie schauen dich an und wissen nicht, wie sie dir antworten sollen. Und wenn sie antworten, dann geht es nicht so sehr um die richtige Antwort, sondern eher wollen die Kinder mit ihrer Antwort dem Fragesteller einen Gefallen erfüllen.
Ich habe von Kindern Ernsthaftigkeit und Offenheit gelernt und in jeder Situation auch lachen zu können. Wichtig ist, dass man sich an seine eigene Kindheit erinnert und wenn ich durch das Camp gehe und die glücklichen Gesichter der Kinder sehe, dann werde ich selbst auch glücklich. Es ist unmöglich, gegenüber den Kindern unehrlich aufzutreten. Als Erwachsener kann man Masken tragen oder Rollen spielen, zum Beispiel habe ich in der Schule die Rolle des Lehrers und zu Hause erfülle ich die Rolle der Mutter. Als Erwachsener wechseln wir von einer Rolle in die andere und verhalten uns oftmals gleichgültig gegenüber Kindern. Hier im Camp sind wir jedoch 24 Stunden mit den Kindern beschäftigt. Wer im Camp arbeitet, sollte alle Rollen oder Masken ablegen.
Kinder hassen diese Masken und es ist unmöglich, 24 Stunden die Kinder nur anzulächeln.
Die Kinder akzeptieren einen so, wie man ist. Diejenigen, die sich gegenüber den Kindern nicht öffnen können, verlassen das Camp relativ schnell. Die Leute, die im Camp arbeiten, machen dies aus Leidenschaft und nicht wegen des Geldes. Sie teilen das ganze Alltagsleben mit den Kindern und sind mit alltäglichen Problemen der Kinder konfrontiert, wie Frisur, Körperpflege oder Kleidung. Wenn das Sommercamp beendet ist, dann habe ich Glaube, Liebe und Hoffnung in mir.

Sommercamp

Im Camp können die Kinder tanzen, Musik machen, sich bewegen und vieles machen, was sie zu Hause nicht machen können. Vielleicht werden sich auch manche Kinder hier öffnen und Dinge zeigen, die sie vorher versteckt haben.
Die Menschen in den besetzten Gebieten versuchen nach wie vor, sich mit anderen Menschen auszutauschen. In meiner Verwandtschaft kenne ich niemanden, der wegen politischer Gründe aufgehört hat, mit anderen Menschen in der Ukraine zu sprechen. Ich bin in einer Familie mit verschiedenen Nationalitäten aufgewachsen und meine früheren Klassenkameraden leben überall verstreut, sowohl in den ehemaligen Sowjetrepubliken als auch in Europa und der Krieg hat uns nicht getrennt. Als er für mich hier in der Ukraine sehr schwer gewesen ist, haben mir alle Verwandten Hilfe angeboten, zum Beispiel Wohn- oder Arbeitsmöglichkeit und niemand hat mich nach meinen politischen Ansichten gefragt.
Ich erinnere mich auch an den Fall eines Sanitäters, der zwei verletzte Soldaten ins Krankenhaus brachte und auf dem Weg dorthin nahm er noch zwei weitere Verwundete mit in sein Fahrzeug und fragte nicht, zu wem sie gehören und woher sie kommen und darin zeigt sich für mich wahre Menschlichkeit. Wenn alle Menschen in diesem Sinne handeln würden und wir uns daran erinnern, dass wir alle nur Menschen sind und uns nichts trennt, dann würde sich die Situation hier schnell wieder verbessern. Meine Mutter war Muslimin und mein Vater war orthodox und beide lebten zufrieden zusammen. Deswegen verstehe ich es nicht, wenn es Streitereien aus nationalistischen Gründen gibt. Es hat mich sehr getroffen, als in Horlivka eine junge Mutter mit ihrem Kind im Park getötet wurde und als ich das Foto von der getöteten Mutter mit ihrem Kind sah, wollte ich nur noch aufschreien und allen Menschen sagen, dass sie endlich mit dem Krieg aufhören sollen. Aber leider gibt es den Krieg seit drei Jahren und es passiert immer wieder, dass Kinder sterben oder ihre Verwandten verlieren.«
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