artiom-portrait


Artiom, 16 Jahre, lebt in Mariupol


»Ich habe Yellow Bus letztes Jahr im Oktober kennengelernt, als sie eine Tour durch die Donezkregion machten und auch nach Mariupol kamen. Das zweite Mal habe ich Yellow Bus in einem Sommercamp bei Kyiv wiedergetroffen.
Yellow Bus hat mir gezeigt, dass meine Interessen im Journalismus liegen und dass ich in diesem Bereich später gerne arbeiten möchte. Ich habe bei Yellow Bus z. B. versucht, meine eigene Reportage zu filmen und das sind unvergessliche Eindrücke, die ich dort gesammelt habe. Das war eine schöne Sache.
Ich sehe mir verschieden Kanäle von Youtube-Bloggern an und meine wichtigste Informationsquelle ist ein Nachrichtenkanal auf Telegram.
Mit Yellow Bus haben wir auch eine Reportage über Falschnachrichten gedreht. Die russische Propaganda hatte Falschmeldungen verbreitet, nämlich dass Panzer auf dem Strand bei Mariupol wären. Aber das war nicht die Wahrheit; dieses russische Propagandavideo wurde irgendwo anders gefilmt und nicht hier auf dem Strand. Wir haben dann eine Gegendarstellung zu diesen Falschnachrichten erstellt. Ich selbst habe nur wenig Erfahrung mit dem Krieg gemacht, da meine ganze Familie bei Kriegsbeginn in ein Dorf in der Nähe von Zaporizhia umgezogen ist.
Allein über Medien können Fremde den Krieg nicht wirklich verstehen. Vielleicht gelingt es manchen, aber es ist sehr schwierig zu begreifen, was geschehen ist. Alles, was nur beschrieben oder erzählt wird, ist anders, als wenn man es auf der eigenen Haut spürt.
Mir gefallen im Journalismus besonders Text und Video, weil ich es spannend finde, wie dort die Inhalte präsentiert werden. Man kann die gleiche Information von verschiedenen Seiten aus sehen und beleuchten.
Ich habe auch eine Freundin in Horliwka in den besetzten Gebieten. Und ich kenne noch ein anderes Mädchen, die zuerst bei Awdijiwka gelebt hat, aber jetzt nach Kyiv gezogen ist. Auch diese beiden Mädchen haben bei Yellow Bus mitgemacht und dadurch sind wir Freunde geworden. Aber über den Krieg haben wir nicht untereinander gesprochen.
Am stärksten hat mich vom Krieg getroffen, dass mein Vater in der Donezkregion (DNR*) arbeitete und lebte und fünf Jahre nicht zu Hause gewesen ist.
Jetzt ist er aber wieder hier und alles ist gut. Wir sehen uns oft und reden miteinander. Aber in die fünf Jahren, in denen er in der DNR Region lebte, war unsere Kommunikation sehr gestört. Wir haben uns kaum unterhalten und ich war damals erst zehn Jahre alt.
Für mich hat sich infolge des Krieges nicht so viel verändert, ich besuche die Schule, rede mit Freunden und alles läuft für mich weiter wie zuvor.
Mir hat das Sommercamp von Yellow Bus nicht nur zur Orientierung geholfen, sondern es gab auch Workshops dort. Mich hat in diesen Workshops besonders die Kommunikation mit den Leuten, die dort gearbeitet haben, beeindruckt. Das war eine sehr gute Erfahrung.«

DNR: Donezkaja narodnaja respublika, die Volksrepublik Donezk ist eine selbst ernannte Republik auf Teilen der Oblast Donezk in der Ukraine.
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